Sozialbindung bzw. Konventionierung
Dem Ausverkauf der Heimat entgegenwirken
Wenn es um Wohnungen und Einfamilienhäuser geht, kommt immer wieder die Sozialbindung bzw. Konventionierung ins Spiel, sowohl im geförderten wie auch im freien Wohnbau. Warum eine Sozialbindung Sinn macht, weiß Olav Lutz, der bei der Raiffeisenkasse Lana seit Jahrzehnten als Wohnbauberater tätig ist. In dieser komplexen und immer wieder sich ändernden Thematik gilt er als Koryphäe.
Was ist eine Sozialbindung bzw. Konventionierung?
Olav Lutz: Sie wirkt dem Ausverkauf der Heimat entgegen. Denn eine mit einer Sozialbindung belegte Immobilie muss bewohnt werden, und zwar von einer Person, die mindestens seit 5 Jahren in Südtirol ansässig ist oder ihren Arbeitsplatz in unserem Land hat. Der Bewohner einer Immobilie mit Konventionierung darf bei Besetzung dieser Wohnung auch keine seinem Bedarf entsprechende Immobilie innerhalb von 40 Kilometern besitzen. Jeder darf eine Wohnung mit Sozialbindung kaufen, er darf sie aber nicht besetzen, wenn er die gesetzlich genau geregelten Voraussetzungen nicht erfüllt. Und bei einer Vermietung muss der Landesmietzins angewandt werden. Bei Nichteinhaltung der Bestimmungen drohen empfindliche Geldstrafen seitens der Wohnbauaufsicht. Ich muss nochmals unterstreichen, dass eine Wohnung mit Sozialbindung nie leer stehen darf.
Macht eine Sozialbindung bzw. Konventionierung in Ihren Augen überhaupt Sinn?
O. L.: Ja, auf jeden Fall. Wenn es die Sozialbindung nicht gäbe, würden viele Wohnungen über Airbnb® vermietet. Oder Touristen würden Wohnungen kaufen und sie nur im Sommer für einige Wochen besetzen. Es gibt Orte, in denen ganze Mehrfamilienhäuser oder Einfamilienhäuser und Wohnungen monatelang leer stehen, weil sie eben nur von Touristen im Urlaub bewohnt werden. Ziel einer Sozialbindung bzw. Konventionierung ist es, Wohnraum für Südtiroler zu reservieren, der bewohnt werden muss. Eine solche Immobilie ist natürlich kein Investitionsobjekt am Wohnungsmarkt.
Warum ist sie am Wohnungsmarkt kein Thema? Darf sie nicht verkauft werden? Zu welchem Preis?
O. L.: Eine Wohnung mit Konventionierung erzielt einen niedrigeren Preis als eine Wohnung, die frei ist und für die der Markt nicht nur in Südtirol liegt, sondern weltweit.
Wie entscheidet der Gesetzgeber, welche Immobilie mit einer Sozialbindung bzw. Konventierung belegt werden muss?
O. L.: Wenn ein Neubau entsteht bzw. eine Wohnung mit Kubaturbonus erweitert wird, sieht die Raumordnung vor, dass ein gewisser Teil der Immobilie oder in manchen Gemeinden die gesamte Immobilie konventioniert werden muss – vor Ausstellung der Baugenehmigung.
Seit wann gibt es die Sozialbindung bzw. Konventionierung?
O. L.: Seit fast 30 Jahren.
Wie lange läuft eine Konventionierung bzw. Sozialbindung?
O. L.: Laut derzeitigem Stand so lange die Immobilie besteht, also auch über den Tod des Erbauers oder Käufers hinaus, denn die Erben müssen eine Sozialbindung übernehmen. Mit Ausstellung der Baugenehmigung muss die Sozialbindung grundbücherlich eingetragen werden.
Kann man sich von einer Sozialbindung bzw. Konventionierung irgendwann freikaufen?
O. L.: Hier unterscheidet man zwischen der Pflichtkonventionierung und der freiwilligen Konventionierung. Wenn ich die Wohnung freiwillig konventioniere, erspare ich mir die Baukostenabgabe. Wenn ich mich dann in einem zweiten Moment von der freiwilligen Konventionierung befreien möchte, muss ich die Baukostenabgabe nachzahlen.
Sie haben jetzt allgemein über die Konventionierung einer Immobilie gesprochen. Aber was passiert mit einer Sozialbindung im geförderten Wohnbau, der ja vom Land und damit vom Steuerzahler finanziell unterstützt wird?
O. L.: Hier sprechen wir von einer Wohnung auf gefördertem Bauland laut Artikel 86. Auch hier muss diese Wohnung oder das Einfamilienhaus bewohnt werden, und zwar von einer Person, die in der Gemeinde, in der die Immobilie liegt, seit 5 Jahren arbeitet oder wohnt. Sie darf auch nur an Personen vermietet werden, die diese Voraussetzungen erfüllen. Und wenn man eine solche Wohnung oder ein solches Haus verkaufen will, gilt der Konventionalwert und nicht der Marktwert. Und der Konventionalwert kann mitunter auch stark unter dem Marktwert liegen.
Was passiert, wenn man einen Kubaturbonus zur Erweiterung des Eigenheims bekommt?
O. L.: Dann wird der erweiterte Teil pflichtkonventioniert, auch wenn der alte Teil des Gebäudes keiner Konventionierung unterliegt.
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