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TRENNUNG: Was tun, wenn der Partner einfach geht – ohne Worte des Abschieds oder Erklärung?
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© dpa-tmn/Christin Klose

Verlassen zu werden, trifft einen mitten ins Herz. Wenn das ohne ein Wort des Abschieds geschieht, ist es noch schlimmer. Hinter dem  „Ghosting“ vermuten Therapeuten Bequemlichkeit und

Konfliktvermeidung. Es hinterlässt ein Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit: Ghosting. Ein Phänomen, das durch Online-Dating einen „Aufschwung“ erfahren hat. „Was mal eben schnell mit einem Wisch beginnt, endet ebenso rasch. Nie zuvor war es so leicht, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen. Und nie zuvor wurden Menschen so lange hingehalten und kommentarlos verlassen“, bringt es Eric Hegmann, Paartherapeut aus Hamburg, auf den Punkt. Seiner Meinung nach bietet das Internet die große Chance, Kontakte zu Menschen zu knüpfen, denen man sonst nie begegnet wäre. Gleichzeitig könne aber ein Kontakt dort ebenso schnell wieder verschwinden und nicht mehr auffindbar sein – wie ein Geist.

 Also ist das Netz schuld? „Nein, es ist nie das Medium, das ghostet, es sind Menschen, die das tun“, so Hegmann.

 

Das 2.0 von „Bin mal kurz Zigaretten holen“

Auch Sharon Brehm, Paartherapeutin aus München, sieht das Internet nicht als ursächlich für das Phänomen Ghosting: „Das gab es tatsächlich auch schon vor der Zeit der Dating-Apps“, sagt sie. „Man muss nur an das Bild denken, kurz Zigaretten zu holen und dann nie wieder aufzutauchen.“

 Aber warum verlassen Menschen andere Menschen ohne ein Wort? Sharon Brehm vermutet hier Konfliktvermeidung: „Ganz nach dem Motto: Meine Wahrheit würde dir wehtun und ich schütze dich doch mit meinem Schweigen.“ Ein anderer Grund könnte laut Brehm sein, dass die andere Person schlichtweg vergessen hat zu antworten oder sich zu melden. Dann ist das Ghosting zwar weniger strategisch, aber trotzdem schmerzhaft. Denn es bedeutet: Der oder die andere hat kein Interesse.

„Ghosting ist also die – bewusste oder unbewusste – Entscheidung einer anderen Person und sagt eher etwas über die ghostende Person als über die geghostete Person aus“, so Brehm.

Carsten Müller, Paar- und Sexualtherapeut aus Duisburg, empfiehlt, dass ein Mensch, der geghostet wurde, deswegen auf keinen Fall die Schuld bei sich selbst suchen sollte. „Wenn man das verinnerlicht hat, dann hat man einen wichtigen Schritt getan.“

 

Falscher Schutz vor neuen Begegnungen

Bis es so weit ist, kann es aber dauern. Denn das Problem beim Ghosting ist, dass Menschen aus Erfahrungen lernen. „Wenn wir verletzt wurden, aber nicht wissen, warum, dann laufen unsere Schutzprogramme ein Stück weit verrückt“, sagt Hegmann. „Sie schützen uns dann vielleicht sogar ganz ungerechtfertigt vor neuen Begegnungen.“

Menschen, die sowieso schon Angst vor Verlusten haben, entscheiden sich vielleicht, sich künftig noch viel mehr anzustrengen, um sich Liebe zu verdienen. Und bindungsängstliche Menschen fühlen sich bestätigt, niemandem mehr zu vertrauen. Solche schlechten Erfahrungen haben also ein großes Wirkungspotenzial: Carsten Müller sieht, dass nach einem solchen Erlebnis Selbstzweifel und Selbstvorwürfe hochkommen. „Und zwar auf der Seite, die ja eigentlich gar keine Verantwortung trägt.“ Laut Müller ist es der wichtigste Schritt, zu verinnerlichen, dass man selbst keine Schuld hat. Vorher denke man natürlich, man selbst hätte das oder das doch besser machen können. Der Geghostete zweifelt an sich, denkt er wäre falsch. „Unter diesem Aspekt ist die Einsamkeit jedoch nicht weit entfernt“, sagt Müller. Denn wer an sich selbst zweifelt, kann nur schlecht jemand anderes von sich selbst überzeugen.

 

Zeit heilt alle Wunden?

Dabei können neue Dates, vielleicht sogar eine neue Beziehung immens wichtig für die Heilung der Person sein, die ohne ein Wort stehengelassen wurde: „Denn nicht die Zeit heilt alle Wunden – es sind neue Erfahrungen“, sagt Sharon Brehm.

Wirklich schützen könne man sich aber auch bei neuen Treffen nicht vorm Ghosting, da sind sich die Experten sicher. „Schützen kann man sich nicht, weil Ghosting eben von der anderen Person ausgeht“, sagt Müller. Zu kommunizieren – und zwar auch darüber, was ist, wenn es doch nicht passt – sei jedoch wichtig. Das sieht Brehm ähnlich. Sie sagt, dass Information der beste Schutz sei. „Nur indem wir eine Person kennenlernen, sehen wir, wie sie etwas im Ganzen sieht.“ Außerdem könne es helfen, sich in Akzeptanz und Selbstmitgefühl zu üben.

Und dann bringt Sharon Brehm noch etwas anderes an: „Wurde ich oft geghostet, macht es Sinn, das eigene Verhalten zu reflektieren: Verliebe ich mich zu schnell? Prüfe ich zu wenig, ob die Person und ich das Gleiche wollen? Ignoriere ich vielleicht andere Grenzziehungen?“

 

 „Ich will eigentlich keine Beziehung“

Hegmann hört in seiner Praxis hingegen oft, dass Betroffene sagen, Singles sollten besonders dann vorsichtig sein, wenn sie schon zu Beginn hören, dass der andere eigentlich keine Beziehung möchte. So ein Satz sei zum einen eine Ankündigung des drohenden Unheils, zum anderen eine Entschuldigung vorab, auf die sich der andere dann auch oft bezieht, wenn der Kontakt abbricht. Nach dem Motto: Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine Beziehung will. „Klar kann man auf solche widersprüchlichen Signale achten, aber gleichzeitig agiert man dann aus Misstrauen und Furcht. Und das sorgt dafür, dass Begegnungen zu einer Art Bewerbungsgespräch werden.“ Und diese schaffen im Normalfall nicht genug emotionale Kontaktflächen, um sich zu verlieben. Wer sich also besonders schützen will, sabotiere gleichzeitig die eigene Partnersuche. (dpa/tmn)

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