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Was Immobilien teuer macht – oder günstig
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Heinz Peter Hager im Gespräch

In Südtirol ist Heinz Peter Hager seit rund 10 Jahren vor allem als „Benkos Statthalter“ bekannt. Dabei arbeitet der 64-Jährige schon länger nicht nur in der Wirtschafts- und Steuerberatung, sondern auch auf dem Immobilienmarkt. Die Frage an ihn: Warum ist Wohnen in Südtirol so teuer?

Herr Hager, Sie kennen den Immobilienmarkt in Südtirol und außerhalb. Worin unterscheidet er sich von jenem in anderen Regionen?

Heinz Peter Hager: Klar ist: Südtirol verfügt grundsätzlich nur über wenige Grundstücke, die für Bauzwecke zur Verfügung stehen. Dazu kommt, dass sich insbesondere im Talgrund wenig Fläche befindet. Und ein geringes Angebot lässt den Immobilienpreis steigen.

Deshalb ist Wohnen in Südtirol also so teuer …?

H. P. Hager: Nein, der Immobilienpreis errechnet sich nicht allein aus dem Grundstückspreis, sondern hängt von mehreren Faktoren ab, auch von der Baudichte, von der Bauqualität und von der Ausstattung der Immobilie.

Was bedeutet Baudichte?

H. P. Hager: Das heißt grundsätzlich, je mehr ich in die Höhe baue, desto mehr Quadrat- bzw. Kubikmeter stehen mir auf diesem Grundstück zur Verfügung und desto geringer ist der Grundstücksanteil beim Preis für eine Wohnung. Je größer also die Baudichte, desto kleiner der Preis.

Welche Rolle spielen Bauqualität und Ausstattung beim Preis?

H. P. Hager: Die Bauqualität spielt eine große, aber auch eine wichtige Rolle. Wer hier Abstriche macht, baut zwar günstiger, senkt damit aber von vorneherein den Wert der Immobilie. Geringere Qualität bedeutet oft auch höhere Energiekosten oder häufigere Reparaturen. Wohingegen Abstriche bei der Ausstattung sehr wohl möglich sind, ohne dass die Nutzer der Immobilie spürbar an Lebensqualität einbüßen. Statt 60 x 60-Fliesen tun es vielleicht auch kleinere Formate, statt edlen Holzböden vielleicht günstigere praktische Materialien. Außerdem: Vieles, was in den Bereich Smarthome fällt, ist in der Regel verzichtbar und oft reiner Luxus. Bei der Ausstattung lassen sich mitunter mehrere 100 Euro pro Quadratmeter einsparen.

Diese Argumente treffen auch auf andere Regionen zu. Gibt es eine Südtiroler Eigenart, die zusätzlich für höhere Immobilienpreise verantwortlich ist?

H. P. Hager: Etwas Besonderes ist sicher, dass Immobilien für uns eine hohe Wertigkeit haben. Die Südtiroler achten mehr auf Architektur und Bauqualität als andere. Für sie ist ein Eigenheim ein Ort, mit dem sie sich identifizieren möchten. Andernorts geht es ausschließlich ums Wohnen.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Baukosten und der Zinsen – auch in die Zukunft gerichtet?

H. P. Hager: Ich denke, die Baukosten werden sich nicht mehr wesentlich nach unten bewegen. Die Zinsen sind tatsächlich für viele Durchschnittsverdiener, die Raten abzuzahlen haben, ein Problem geworden. Bestimmt werden sie in nächster Zeit wieder sinken, aber auf ein so niederes Zinsniveau wie vor Jahren zu hoffen, wird eher aussichtslos sein.

Was muss Ihrer Meinung nach die Politik tun, damit Wohnen in Südtirol für alle Südtiroler wieder erschwinglich wird?

H. P. Hager: Dazu nenne ich 3 Kernpunkte: 1. Die Politik muss wissen, wie viel Wohnraum für die Südtiroler Bevölkerung zur Verfügung stehen soll, und dann klare Grenzen setzen. Die Konventionierung ist ein gutes Instrument, man muss die Entwicklung aber klug steuern, um den freien Wohnraum nicht zu sehr einzuschränken. Denn Zuwanderung wird und muss es geben, das bringt auch Kaufkraft und Abgaben. 2. Es braucht eine bessere Zusammenarbeit von Politik, Bau-unternehmen und Bauträgern bzw. Entwicklern, denn sonst läuft man Gefahr, an den Bedürfnissen vorbei zu planen und zu bauen.

Wie meinen Sie das?

H. P. Hager: Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Das Bozner Stadtviertel Kaiserau. Dort ist der Versuch, ein lebendiges Viertel zu gestalten, gescheitert. Und warum? Weil die Baudichte zu gering ist und Dienstleistungen wie die Tabaktrafik oder die Bar deshalb nicht überleben können. Dass in unseren Ortskernen meistens das pure Leben herrscht, liegt vor allem an ihrer Baudichte. Dort wohnen viele Menschen, dort können sie auch arbeiten, dort trifft man sich. Damit will ich nicht sagen, dass man überall Hochhäuser bauen soll, ganz bestimmt nicht. Aber es ist wichtig, dass beim Planen von Wohn- und Stadtvierteln auch die Bauträger berücksichtigt werden – jene Seite also, die nicht nur baut, sondern die auch die Interessen der künftigen Nutzer kennt.

Und der 3. Punkt …?

H. P. Hager: Bürokratische Prozesse und Genehmigungsverfahren müssen vereinfacht und beschleunigt werden. Im Italienischen gibt es den Spruch „Il Signor Ma non va mai in vacanza“. Es gibt also für jedes Projekt immer ein Aber, also einen Einwand. Die Politik muss dennoch beizeiten Entscheidungen treffen. Denn je länger ein Verfahren dauert, desto riskanter und desto teurer wird es.

Ist es realistisch, dass sich das ändert?

H. P. Hager: Nun, der Druck auf den Wohnungsmarkt wird zu-nehmen, deshalb wird Politik schnellere Entscheidungen treffen müssen. Und sie wird, immer unter Beachtung der richtigen Maßstäbe, mehr über Baudichten reden müssen.

Wie wird sich der Markt Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren weiterentwickeln?

H. P. Hager: Südtirol ist eine der Regionen mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt in Europa und außerdem attraktives Wohngebiet. Ich rechne des-halb mit einer guten Entwicklung. Die Herausforderung bleibt, die Balance zu finden zwischen leistbarem Wohn-raum und freiem Wohnungs-markt, den wir genauso brauchen.

Heinz Peter Hager

Heinz Peter Hager (64), Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus Bozen, baute gemeinsam mit seinen Partnern und Mitarbeitern die Kanzlei Hager & Partners seit den 1990er-Jahren zu einer der führenden unabhängigen Kanzleien in Norditalien aus – mit mehr als 100 Mitarbeitern und Standorten in Bozen, Mailand und Rom. Seit rund zehn Jahren ist er auch im Immobilienbereich sowie in der Landwirtschaft unternehmerisch tätig. Der passionierte Kunstsammler lebt in Bozen und Eppan.

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