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Bauen für die Zukunft 
Seit Jahren beschäftigt sich das Baukollegium mit dem nachhaltigen Bauen. Den Begriff „nachhaltig“ will Präsident Michael Auer im eigentlichen Sinne verstehen: ökologisch, sozial und ökonomisch verträglich. Es geht um Ressourceneinsparung, aber im gleichen Atemzug um Leistbarkeit  und natürlich auch darum, die heimische Bauwirtschaft zu stärken. Aber passen diese drei unterschiedlichen Puzzleteile überhaupt ineinander? 
In den sprichwörtlich „eigenen vier Wänden“ zu wohnen, gehört für viele Südtiroler zu den wichtigsten Zielen im Leben. Doch es wird immer schwieriger, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Hohe Auflagen, nicht zuletzt durch energetische Mindeststandards, und hohe Kosten zwingen so manche Familie zur Kapitulation. Zwar gibt es Fördermaßnahmen und gesetzliche Bestimmungen, um den begrenzten Wohnraum unter günstigeren Bedingungen und vorwiegend den Südtirolern zur Verfügung zu stellen. Doch selbst im geförderten Wohnbau sind viele Familien den finanziellen Anforderungen nicht mehr gewachsen.  

FÜR ZUKUNFTSFÄHIGE WIRTSCHAFT 
Was tun in dieser Situation? Wie wird Bauen leistbarer und dennoch vereinbar mit den Klima-schutzzielen? Und warum befassen sich ausgerechnet die Bauunternehmer mit dieser Thematik? Berechtigte Fragen, die Michael Auer beantwortet. Als Präsident des Baukollegiums vertritt er rund 100 Bauunternehmen im Land. Dass diese von Natur aus wenig mit Nachhaltigkeit zu tun hätten, stellt er klar in Abrede. „Seit der Gründung vor über 30 Jahren ist es das Ansinnen der Verbands-mitglieder, unsere Arbeit immer wieder kritisch zu hinterfragen und uns auch für eine zukunftsfähige Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen“, sagt er. Das Baukollegium habe beispielsweise bereits 2016 im Zuge der Neufassung des Gesetzes für Raum und Landschaft Vorschläge im Sinne der Nachhaltigkeit beim Bauen eingebracht. Neben der Einsparung von Ressourcen war ein Thema dabei auch die Leistbarkeit von Wohnraum. Die sogenannten Wohnungen mit Preisbindung, über die das Tagblatt „Dolomiten“ kürzlich berichtet hat, waren einer der Vorschläge des Baukollegiums, der letztendlich, wenngleich mit anderem Konzept, auch Eingang ins Gesetz gefunden hat. 

ZÜGEL ETWAS LOCKER L ASSEN 
Die Bauunternehmer halten aber noch einen anderen Schritt für wichtig, der im ersten Moment paradox erscheinen mag: Es geht um mehr freien Zugang zum Bau-grund bei der Ausweisung von Wohnbauzonen. Thomas Hasler, der Geschäftsleiter des Baukollegiums, klärt auf: „Der Wohnungsmarkt ist zurzeit sehr unter Druck. Aber je mehr wir dagegenhalten, indem wir den freien Markt eindämmen und fast nur noch geförderte Zonen ausweisen, desto stärker wird der Druck werden.“ Warum das so ist: „Weil sich der Grundstückspreis für den geförderten Wohnbau aus jenem für den freien Markt er-gibt. Je weniger Platz wir dem freien Markt zur Verfügung stellen, desto teurer wird der Baugrund. Und damit steigen auch die Preise für den Grund, der dem geförderten Wohnbau zur Verfügung steht. Es entsteht eine Preisspirale.“ Des-halb müsse man hier den Mut haben, neu zu denken. Wichtig ist nach Ansicht des Baukollegiums auch die Schaffung von ausreichend Baurechten, „… was nicht heißt, dass wir damit weiteren wertvollen Boden versiegeln müssen“, wie Thomas Hasler einräumt. Im Gegenteil. Man müsse vermehrt über die Nutzung von Leerständen, nicht zuletzt in Ortskernen, oder auch über das Bauen in die Höhe diskutieren. „Wir sollten im Sinne der Nachhaltigkeit das Vorhandene nutzen und auf unbürokratischem Wege versuchen, Wohnraum zu schaffen.“  

BAUSTANDARDS KRITISCH BELEUCHTEN 
Der teure Baugrund ist einer, die Baukosten sind ein weiterer dicker Posten auf der Rechnung von Bauherren und Wohnungskäufern. Hierzu wünscht sich das Baukollegium eine offene Diskussion über Baustandards: „Nicht alles, was zurzeit als Standard betrachtet wird, ist auch wirklich sinnvoll oder unbedingt notwendig“, sagt Michael Auer. Kostensenkend würde sich zudem eine Art serielles Bauen bzw. eine Einschränkung beim Standard im geförderten Bereich auswirken. Vor allem die sogenannten Klimahausstandards sind es aktuell auch, die den Bau teurer werden lassen. Hierzu hat das Baukollegium einen interessanten Vorschlag. Nicht die eine oder andere Bauweise oder ein Produkt sollten zum Erreichen der Standards bewertet werden, sondern die gesamte CO₂-Einsparung vom Baubeginn bis zu Abriss und Wiederverwertung. „Dies-bezüglich befinden wir uns bereits im Austausch mit den Verantwortlichen der Klimahaus-Agentur, und die Signale von dieser Seite stimmen uns positiv“, sagt Michael Auer. Er selbst ist im Bauschuttrecycling tätig und weiß, wie wichtig der sorgsame Umgang mit Res-sourcen ist. Die Verwendung von Recyclingprodukten bei den Klimahauskriterien zu berücksichtigen, wäre eine wichtige Aufwertung des Prozesses, glaubt er. „Leider sind die Recyclingprodukte noch oft unbegründeten Vorurteilen aus-gesetzt.“ Dabei lasse sich der ökologische Fußabdruck eines Bauobjektes mit recyceltem Baumaterial enorm verkleinern, ohne dabei qualitative Verluste zu erleiden. Hingegen habe beispielsweise der Holz-bau zwar seine bauökologische Berechtigung, beim Rückbau würden aber aktuell noch nicht wiederverwertbare Abfallprodukte entstehen. „Wir wollen nicht das eine gegen das andere ausspielen. Aber es müssen ehrliche Diskussionen statt-finden“, fordert der Baukollegiums-Präsident. Er ist überzeugt davon, dass Bauen leistbarer werden und gleichzeitig so gestaltet werden kann, dass auch den künftigen Generationen noch genügend Ressourcen zur Verfügung stehen. 

WIE GEHT ES DER SÜDTIROLER BAUWIRTSCHAFT AKTUELL? 
Dazu Michael Auer, Präsident des Baukollegiums: „Die Stimmung in der Bauwirtschaft ist zweigeteilt. Während wir beim Wohnbau bzw. bei privaten Bauten eine Stagnation verzeichnen, läuft es beim Bau von Infrastrukturen, vor allem im öffentlichen Bereich, gut.“ Die Gründe für die Zweiteilung liegen auf der Hand: „Im Wohnbau und bei touristischen Bauten herrscht wegen der jüngsten Preissteigerungen und in diesem Zusammenhang wegen des hohen Zinsniveaus, aber auch wegen noch fehlen-der Durchführungsbestimmungen zum neuen Gesetz für Raum und Landschaft bzw. wegen Unsicherheiten bezüglich des Bettenstopps eine abwartende Stimmung. Im Gegensatz dazu fördert der staatliche Wiederaufbauplan – bekannt als PNRR – den Um- und Aufbau vieler öffentlicher Infrastrukturen im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes.“

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