Quattro, xDrive, 4WD, 4Matic, Syncro oder 4Motion. Verschiedene Namen, die dasselbe meinen: einen Allradantrieb für Fahrzeuge. Mittlerweile haben fast alle Hersteller Modelle, die über alle 4 Räder angetrieben werden können. Es gibt aber Unterschiede in den Tiefen der Technik – je nach Einsatzzweck.
So ist Allrad bei Zugfahrzeugen mit hoher Anhängelast sinnvoll und bietet auch fahrdynamische Vorteile – nicht nur im Gelände und bei Nässe. Unterschieden wird grundsätzlich in permanenten und zuschaltbaren Allradantrieb, bei dem die Kraftübertragung an die zweite Achse nur zeitweise erfolgt. Dies kann der Fahrer manuell bestimmen oder eine Elektronik steuert den Kraftfluss automatisch.
Laut Professor Jörn Getzlaff dürften für Normalfahrer elektronisch regelbare Systeme, die im Hintergrund oft ohne das Wissen des Fahrers werkeln, meist gut ausreichen.
Althergebrachte Allradsysteme mit mechanischen Sperren für die Kraftübertragung auf alle 4 Räder empfiehlt der Professor am Institut für Kraftfahrzeugtechnik der Fachhochschule Zwickau nur für spezielle Situationen. „Allradfahrer, die im tiefen und schweren Gelände immer zuverlässig vorankommen wollen, wählen einen konventionellen mechanischen Antrieb.“
Solche echten Geländewagen eignen sich typischerweise für Förster, Jäger, Landschaftsbauer, Weltreisende oder für den häufigen schweren Anhängerbetrieb.
Moderne elektronische Systeme sind eher etwas für Fahrprofile, wo Allrad nur selten gebraucht wird – etwa bei Regen, seltenem Schneefall, ab und zu Fahrten durch Matsch oder wenn man gelegentlich einen Anhänger dabei hat.
Die elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung sorgt dafür, dass bei Bedarf die zweite Antriebsachse zur primären hinzu geschaltet und die Motorkraft automatisch zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt wird. „Nur in extremen Situationen wie wechselndem und vor allem länger anhaltendem Schlupf an nur einem oder mehreren Rädern kommt das System an seine Grenze“, sagt Professor Getzlaff.
Daher sind auch für Johann Jüntgen mechanische permanente Allradsysteme die beste Wahl für einen richtigen Geländewagen – nicht zu vergleichen mit einem weniger geländegängigen SUV. „Die Systeme sind robust, arbeiten zuverlässig und eignen sich für Autofahrer, die Allrad sehr häufig nutzen“, sagt der Chef einer Allrad-Werkstatt in Dormagen.
Auch Gespannfahrern, die häufig hohe Lasten ziehen, rät er zu einem Auto mit permanentem Allrad oder einem Hecktriebler, bei dem die Vorderachse im Allradbetrieb zugeschaltet wird. Die Nachteile beim permanenten Allrad liegen im höheren Fahrzeuggewicht, stärkeren Geräuschen sowie höheren Wartungskosten.
Der Blick zurück
Als Erster fuhr ein elektrischer Lohner-Porsche-Rennwagen mit Radnabenmotoren um 1900 mit allen Vieren. Das erste Auto mit Verbrenner und Allrad, ebenfalls ein Rennwagen, baute 1903 die niederländische Firma Spyker. 1907 folgte mit dem Dernburg-Wagen von Daimler der erste Alltags-Pkw.
In den beiden Weltkriegen nutzten die Armeen Allradfahrzeuge, um schneller durch Schlamm, Morast und Wüste zu kommen. Der Willys Jeep ist eines der bekanntesten Modelle. Ab 1948 verkaufte Land Rover seinen Allrad-Geländewagen vor allem an Landwirte und das Militär.
Später nutzten auch sportliche Autos wie 1966 ein Jensen Interceptor FF Allrad, um die Kraft auf die Straße zu bekommen. Ab 1972 folgte der Subaru Leone, weil die Japaner die Vorteile bei Pkw schnell erkannten: bessere Traktion und so mehr Sicherheit. VW baute 1975 erste Allrad-Prototypen auf. 1984 ging der Allrad beim Bulli und Passat in Serie, ab 1986 im Golf Syncro.
Audi stellte 1980 mit dem Audi Quattro erstmals ein sportliches Coupé vor, bei dem alle 4 Räder angetrieben wurden. 1986 führte BMW beim 325iX erstmals Allradantrieb ein. Und Mercedes stattet seit der G-Klasse 1979 verschiedene Modelle damit aus. Als erster reiner Pkw fuhr ab 1985 der W 124 damit.
Hybrid-Fahrzeuge oder reine E-Autos werden auch mit Allrad angeboten. Hier können ein, respektive zwei beim reinen E-Auto voneinander unabhängig arbeitende Elektromotoren die Aufgabe übernehmen.
„Je nach Anforderung wird das Drehmoment stufenlos variabel verteilt. Der Bedarf wird laufend berechnet und bietet optimale Traktion sowie Fahrstabilität und -sicherheit unter den verschiedensten Bedingungen“, sagt Daniel Hopp, Abteilungsleiter der Getriebeentwicklung bei Mercedes-Benz. Beim Torque-Vectoring wird zudem die Antriebskraft zusätzlich zwischen dem linken und rechten Hinterrad verteilt. Das bietet einen idealen Antrieb bei schwierigen Straßenverhältnissen und für extreme Kurvenfahrten.
Es nutzen aber nicht nur Geländewagen und SUVs das System. Auch leistungsstarke, sportliche E-Autos setzen auf mindestens 2 E-Maschinen, eine für die Vorderachse, die andere für die Hinterachse. Es gibt sogar Sportwagen, die 3 oder 4 E-Motoren nutzen wollen.
„Ohne die statische Verbindung lässt die Abstimmung viel Freiheit zu und ein Differential wird überflüssig“, sagt Prof. Getzlaff. Das führe zu mehr Fahrsicherheit, aber auch zu mehr Fahrdynamik. Ganz gleich wie der Hersteller das System nennt. (dpa/tmn)
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