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Lieber Vollzeit oder Teilzeit?
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Teilzeit vs. Vollzeit

Lieber Vollzeit oder Teilzeit? Teilzeit natürlich! Wer möchte schließlich nicht mehr Zeit. Für sich, für den Sport, die Hobbies, für die Familie. Die Realität sieht etwas anders aus: In Italien beträgt der Anteil der Frauen am Arbeitsmarkt, die Teilzeit arbeiten, 32,2 Prozent, in Südtirol sind es 44,1 Prozent! Aber Teilzeit = Freizeit ist ein schönes Märchen.

So gut geht es den Südtiroler Frauen, möchte man meinen. Aber Vorsicht, das könnte ein Trugschluss sein. In der Regel arbeiten Frauen Teilzeit, wenn Nachwuchs kommt. Die Entscheidung, wer weniger arbeitet, sie oder er bzw. beide, ist meistens eine Frage des Geldbeutels. Von etwas, was jedes Jahr am 19. April Anlass zum Equal Pay Day gibt. Genau, das Gender Pay Gap. Auf Deutsch: Noch immer sind es die Frauen, die am Arbeitsmarkt den Kürzeren ziehen. Sie werden in der Regel schlechter bezahlt als Männer auf dem gleichen Ausbildungsniveau und in gleicher Position. Und zwar um durchschnittlich 17 Prozent. Abgesehen von diesen finanziellen Beweggründen, gilt es nach wie vor in der Südtiroler Gesellschaft als selbstverständlich, dass eine Frau auf Karriere verzichtet und Teilzeit beantragt, wenn ein Kind kommt. Fast 45 Prozent der Südtiroler Frauen arbeiten Teilzeit. Das klingt auf den ersten Blick überaus positiv. Tatsächlich sind Frauen in Teilzeit aber oft benachteiligt.  Sie arbeiten halbtags und tragen zusätzlich die Last von Haushalt, Kindererziehung und möglicherweise auch noch der Pflege eines älteren Familienmitglieds. Männer lassen es meist gut sein beim Begleiten zu Schule oder Kindergarten und bei Freizeitaktivitäten mit dem Nachwuchs am Wochenende. Frauen kommen nach Hause vom Arbeiten, kaufen ein, schmeißen den Haushalt, kümmern sich um die Kinder, bringen sie zu Kursen, kontrollieren die Hausaufgaben … Wo bleiben sie selbst dabei? Von wegen viel Freizeit und Zeit für sich selbst!

Frauenschicksal: weniger Verdienst, weniger Rente?

Eine falsche Idylle. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Frauen, die ohnehin schon weniger verdienen als ein Mann in einer gleichwertigen Stelle, durch die Teilzeit ihre Karrieremöglichkeiten erheblich verringern, und: Sie haben Einbußen, nicht nur auf dem Bankkonto am Monatsende, sondern vor allem nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Zehn Jahre Teilzeit entsprechen einem Minus von mindestens zehn Prozent der Rente. Viele Frauen, vor allem jene mit einem niedrigeren Ausbildungsniveau, gehen auch gar nicht mehr zurück in einen Vollzeitjob. Einmal Teilzeit – immer Teilzeit. Die Region Trentino-Südtirol bietet den Erwerbstätigen mit dem Pensplan eine Ausgleichskasse für die Pension an. Wer jeden Monat eine bestimmte Summe investiert, bekommt daraufhin nach Ablauf des Arbeitslebens eine Zusatzrente. Bei Pensplan sind fast gleichviel Männer wie Frauen eingeschrieben, nämlich 51,1 Prozent Männer und 49,9 Prozent Frauen. Aber die Summe unterm Strich ändert sich. Südtirols Männer hatten im Jahr 2023 mit dem Pensplan durchschnittlich 31.179,68 Euro für ihre Zusatzrente angespart, Frauen hingegen nur 19.231,13 Euro. Im Alter wird sich das schmerzlich bemerkbar machen. Frauen riskieren eine finanzielle Abhängigkeit, wenn nicht finanzielle Not.

Wer denkt in jungen Jahren an die Pension?

Ein Problem dabei ist: Wer denkt schon an die Pension, wenn er jung ist? Mittlerweile immer mehr Menschen und vor allem mehr Frauen als früher. Die Entscheidung für Teilzeit hat auch andere konkrete Gründe. Krippenplätze sind nicht immer verfügbar, und sie kosten. Und: Die Gesellschaft erwartet, dass die Mutter für das Kind zurücksteckt: Nicht wenige Frauen wählen von vorneherein eine Ausbildung bzw. ein Berufsbild unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, bzw. unter dem Gesichtspunkt der Familienkompatibilität. Karrierefördernd ist das meistens nicht. Ein weiterer Blick in die Statistik zeigt: Im Jahr 2019 bekleideten in Südtirol 822 Männer in der Privatwirtschaft eine Führungsposition, aber nur 63 Frauen. Immer 2019 und immer Privatwirtschaft: Von 85.250 beschäftigten Frauen arbeiteten 41.635 in Teilzeit. Von 101.782 erwerbstätigen Männern waren es nur 15.051, die Teilzeit arbeiteten.

Der öffentliche Dienst ist weiblich

Was bei Frauen als normal gilt, wird Männern zum Teil als Heldentat angerechnet. Wenn der Mann bei den Kindern bleibt, wird von Supervätern gesprochen, sie werden bemitleidet und/oder bewundert. Männer wählen Teilzeit in der Regel nur wenige Jahre und arbeiten wieder Vollzeit, wenn das Kind in den Kindergarten kommt, oder auch schon nach einem oder zwei Jahren. Interessant ist der Blick auf den öffentlichen Arbeitssektor. 66,4 Prozent aller öffentlich Bediensteten sind Frauen, in der Lokalverwaltung sind 74,2 Prozent der Bediensteten weiblichen Geschlechts. Hier ist Teilzeit eine Selbstverständlichkeit. Es besteht die Wahl, 19, 23, 28 oder 33 Wochenstunden zu arbeiten. Unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse, der Gleit- und Kernzeiten und der Bedürfnisse des Personals kann die Teilzeitarbeit horizontal, vertikal oder gemischt verteilt werden. Nur in den staatlichen Stellen, bei der Post und der Bahn sind Männer wieder in der Mehrzahl: 80,1 Prozent.  Eine absolute Frauendomäne ist der Sanitätsbetrieb. 75,4 Prozent der dort Erwerbstätigen sind Frauen, nämlich 7.597, 25,6 Prozent Männer oder 2.497 Personen. Frauen arbeiten hier im Durchschnitt 83,2 Prozent der Regelarbeitszeit, Männer 97,9 Prozent. Im Pflegedienst sind 2.894 Frauen beschäftigt, aber nur 376 Männer. Es gibt 148 Labortechnikerinnern und 54 Labortechniker, 197 Psychologinnen und 30 Psychologen und – hier ist in den letzten Jahren eine Wende eingetreten: 634 Frauen arbeiten als Ärztin oder haben eine leitende Stelle. Dem gegenüber stehen 540 Männer in gleichwertigen Positionen. Schön, wenn das überall so wäre.

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