

Arbeitszeugnisse
Überflüssig oder unverzichtbar?
Sie gelten als fester Bestandteil im Bewerbungsprozess: Arbeitszeugnisse. Man legt sie den Bewerbungsunterlagen für einen neuen Job bei und gibt dem potenziellen Arbeitgeber so die Möglichkeit, einen Überblick über die eigenen Qualifikationen und sowohl Leistung als auch Verhalten in bisherigen Jobs zu bewerten. Doch: Wie zeitgemäß sind sie noch? Und vor allem: Was steht da überhaupt drin? Denn in Arbeitszeugnissen herrscht eine ganz eigene Art von Sprache, die es erst mal zu entziffern gilt.
Subjektivität statt Objektivität
Ein zentrales Problem von Arbeitszeugnissen ist die fehlende Einheitlichkeit in der Bewertung. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Standards und Kriterien, nach denen es Zeugnisse ausstellt. Oftmals basieren diese Bewertungen auf persönlichen Empfindungen und subjektiven Wahrnehmungen der Vorgesetzten. Was für den einen Chef eine hervorragende Leistung darstellt, kann für einen anderen lediglich als durchschnittlich angesehen werden. Diese Subjektivität führt dazu, dass Arbeitszeugnisse oft wenig aussagekräftig sind und nicht den wahren Wert eines Mitarbeiters widerspiegeln.
Einfluss der Unternehmenspolitik
Die Unternehmenspolitik spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Erstellung von Arbeitszeugnissen. In vielen Firmen gibt es interne Richtlinien darüber, wie Zeugnisse formuliert werden müssen. Diese Richtlinien können dazu führen, dass bestimmte Informationen weggelassen oder beschönigt werden. Es kann auch vorkommen, dass der Arbeitnehmer gebeten wird, das Arbeitszeugnis – oder eine erste Version dessen – selbst zu verfassen. Besonders wenn Vorgesetzte wenig Zeit oder gar keinen Einblick in die tägliche Arbeit der Mitarbeitenden haben, wird die Aufgabe gerne abgewälzt. Zwar wird das Zeugnis anschließend gegengelesen und mit einer Unterschrift oder dem Firmenstempel abgenommen, doch der eigene Einfluss – besonders auf die Aufgabenbeschreibungen – ist groß.
Alternativen zu Arbeitszeugnissen
Einige Unternehmen haben bereits alternative Ansätze entwickelt. Anstelle von klassischen Zeugnissen setzen sie auf eine Tätigkeitsbeschreibung, um konkrete Aufgaben darzustellen. Auch eine Referenz, bei der man ehemalige Kollegen oder Chefs bittet, die eigene Arbeitsleistung und soziale Kompetenzen aufzuzeigen, können hilfreich sein. Solche Methoden bieten eine transparentere Sicht auf die Fähigkeiten eines Mitarbeiters und ermöglichen eine objektivere Bewertung. Zudem gewinnen digitale Plattformen an Bedeutung, auf denen Arbeitnehmer ihre Fähigkeiten und Erfahrungen präsentieren können. Diese Plattformen wie LinkedIn ermöglichen es Arbeitgebern, direkt mit ehemaligen Kollegen oder Vorgesetzten in Kontakt zu treten und so ein umfassenderes Bild vom Bewerber zu erhalten.
Versteckte Codes
Arbeitszeugnisse enthalten oft Formulierungen, die auf die tatsächliche Leistung und das Verhalten eines Mitarbeiters hinweisen. Diese Codes sind jedoch nicht immer offensichtlich und können leicht missverstanden werden. Hintergrund ist die Rechtsprechung: Diese verbietet es, abwertend und negativ über Mitarbeiter zu reden. Arbeitszeugnisse sollen daher immer „wohlwollend“ ausfallen. Um dieser Regelung ein Schnippchen zu schlagen, gibt es Formulierungen, die sehr wohl erkennen lassen, wie die Leistung der Mitarbeitenden war.
Häufige Codes und ihre Bedeutungen
- „Er/Sie war stets bemüht“
Bedeutung: Der Mitarbeiter hat sich zwar angestrengt, aber die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend. Dies ist oft ein Hinweis auf eine durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Leistung. - „Er/Sie hat die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt“
Bedeutung: Dies ist in der Regel eine neutrale Bewertung. Es deutet darauf hin, dass der Mitarbeiter seine Aufgaben erfüllt hat, jedoch ohne besondere Leistungen oder herausragende Erfolge. - „Er/Sie war jederzeit zuverlässig“
Bedeutung: Diese Formulierung kann darauf hindeuten, dass der Mitarbeiter zwar pünktlich und anwesend war, aber möglicherweise keine besonderen Fähigkeiten oder Initiative gezeigt hat. - „Wir danken ihm/ihr für die Zusammenarbeit“
Bedeutung: Oft ein Zeichen dafür, dass der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt und nicht unbedingt positiv bewertet wird. - „Er/Sie hat sich schnell in neue Aufgaben eingearbeitet“
Bedeutung: Dies kann darauf hindeuten, dass der Mitarbeiter häufig wechselnde Aufgaben hatte oder Schwierigkeiten hatte, sich langfristig in eine Rolle einzufinden. - „Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute“
Bedeutung: Diese Standardformulierung kann ebenfalls negativ interpretiert werden; sie wird oft verwendet, wenn das Unternehmen froh ist, den Mitarbeiter loszuwerden. - „Er/Sie zeigte gute Leistungen“
Bedeutung: Eine positive Aussage, die jedoch oft vage bleibt. Es könnte bedeuten, dass der Mitarbeiter gut war, aber nicht herausragend. - „Er/Sie war ein geschätzter Kollege“
Bedeutung: Dies kann darauf hinweisen, dass der Mitarbeiter im Team beliebt war, aber möglicherweise keine außergewöhnlichen beruflichen Leistungen erbracht hat.
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