Logo Dolomiten Markt Online NegativeLogo Dolomiten Markt Online
Häufiger WechselHäufiger Wechsel
Shutterstock

Job-Hopping

Icon Calendar12.11.2025

Der neue Trend

Von einer Arbeit zur anderen auf der Suche nach neuen Herausforderungen, oder doch lieber Sicherheit?
Leute, die kommen und die gehen. In Südtirol gibt es viele von ihnen. Rund 4.500 ausgebildete Südtiroler verlassen pro Jahr das Land. Ihnen gegenüber stehen jene, die nach mehreren Jahren im Ausland nach Südtirol zurückkehren. Viele von ihnen steigen auf hohem Niveau ein. Primar, CEOs, Unternehmer. Für die ab den späten 80ern geborenen Generationen sind Arbeitsplatzwechsel nicht mehr die Ausnahme, sondern fast die Regel. Und nicht nur ein oder zwei Jobwechsel entlang der Karriereleiter, sondern Job-Hopping auf der Suche nach neuen Erfahrungen und Herausforderungen.

Hannes Weissensteiner ist einer von ihnen. Nach 15 Jahren in Deutschland, zuletzt als Manager bei Deloitte Digital, hat er nun eine digitale Beratungsfirma gegründet und positioniert sich auch als Berater in Sachen Job-Hopping und Brain-Drain bzw. Brain-Gain. Eva Ogriseg arbeitete an der Spitze der Investmentfirma KPMG in München und Abu Dhabi sowie als Vice-President der Abu Dhabi Bank bzw. der First Abu Dhabi Bank. Seit 2018 lebt sie mit ihrer Familie wieder in Südtirol und ist CEO der Investorengruppe „tba networks“. Laura Hitthaler arbeitete nach dem Wirtschaftsstudium an der Freien Universität Bozen sechs Jahre u. a. als Senior Brand Managerin bei MAN und bei Mediamarkt-Saturn in Deutschland, bevor sie die Stelle als Marketing, und Sales-Direktorin bei der 3 Zinnen AG antrat. Die Primarin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Krankenhaus Brixen, Dr. Sonia Prader, kehrte nach sieben Jahren als Oberärztin am gynäkologischen Exzellenzzentrum in Essen in ihre Heimat Südtirol zurück. Lebens- und Berufswege „in and out from Southtyrol“. 

Bei der Jobsuche lockt nicht nur das Gehalt

Die Suche nach einem Job fürs Leben ist heute der Suche nach einem Arbeitsplatz gewichen, der nicht nur Karriere, sondern eine ausgewogene Work-Life-Balance verspricht. Die Ansprüche können im Lauf der Zeit wechseln und damit auch der Traumjob. Viele Arbeitnehmer sind heute nicht auf der Suche nach einem dauerhaften Job, sondern nach einer Arbeit, die sie ausfüllt, die fordert und die es gleichzeitig ermöglicht, in einem ansprechenden Umfeld zu leben. Lebensqualität. Freizeit und Sport. Klimatische Bedingungen. Landschaft und Kultur. Gut ausgebildete und hochqualifizierte Arbeitnehmer sind Mangelware und haben deshalb die Wahl. Sie können es sich leisten, wählerisch zu sein, und das immer wieder.

Zurück zu Südtirol und den Heimkehrenden bzw. den Wegziehenden. Nach aufregenden und sicher auch stressbehafteten Jahren im Ausland, zufriedenstellenden Schritten auf der Karriereleiter, entsprechend hohen Gehältern entscheiden sich nicht wenige Südtiroler dazu, in die Heimat zurückzukehren. Was sie reizt, sind weniger die zum Teil auch maßgeschneiderten Angebote, als vielmehr die Nähe zur Ursprungs-Familie, die hohe Lebensqualität, die Aussicht, Kinder in einem familiären Umfeld an einem attraktiven Ort großzuziehen. Wer hingegen Südtirol verlässt oder nach der Ausbildung im Ausland nicht mehr zurückkehrt, schätzt den höheren Gehaltsstandard und Karriereangebote, die Südtirol trotz seiner stabilen und interessanten Wirtschaftslage eben doch nicht bieten kann. Das Brutto-Durchschnittsgehalt in Deutschland liegt z. B. bei 53.000 Euro, in der Schweiz bei 58.750 Euro und in Österreich bei 49.000 Euro, in Südtirol beträgt es 31.300 Euro. Die Lebenshaltungskosten, vor allem auch für Wohnraum, entsprechen hingegen dem Niveau europäischer Metropolen.

Psychologen und Marketingexperten für die Mitarbeitersuche

Vor allem nach der Corona-Pandemie haben sich die Anforderungen der Arbeitnehmer geändert. Geld ist nicht alles, die Toleranzgrenze ist gesunken. Die Aussicht auf einen lebenslangen Job kommt nicht mehr an gegen Unzufriedenheit, gegen ein stressbehaftetes Klima am Arbeitsplatz, gegen mangelnde Wertschätzung, gegen Mangel an Herausforderungen und Weiterbildungsmöglichkeiten. Dementsprechend gestaltet sich die Mitarbeitersuche. Viele Unternehmen setzen heute in ihren HR-Abteilungen Psychologen und Marketingexperten ein, um die Profile der Bewerber effektiv einschätzen und um die Stellenanzeigen marktgerecht gestalten zu können. Job-Hopper sind ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor für Betriebe. Der Verlust einer kompetenten Fachkraft und deren Ersatz kann bis zu 200 % eines Jahresgehalts kosten.

Auch wenn ein Arbeitsplatzwechsel oft mit einem Karrieresprung und mit einer Gehaltsaufbesserung verbunden ist, raten Arbeitsmarkt-Experten, dieses Spiel nicht zu überreizen. Job-Hopping birgt Vorteile und Risiken. Neue Herausforderungen sind eine prickelnde Alternative gegenüber monotoner Jobroutine. Gerade Arbeitnehmende zwischen 20 und 40 sind daran interessiert, sich neue Skills anzueignen. Sich flexibel auf wechselnde Arbeitsumfelder und Mitarbeiter einzustellen, macht ihnen keine Angst, sondern ist ein zusätzlicher Anreiz.
Die Gefahr liegt, wie bei den meisten Dingen, im Zuviel. Wer seinen Job jedes Jahr wechselt, gilt bei Arbeitgebenden schnell als wenig verlässlich und steht im Verdacht einer geringen Frustrationstoleranz, mangelnder Loyalität und Durchhaltevermögen. Andererseits erweitern häufigere Wechsel den persönlichen Horizont, sind Beweis für Flexibilität und erweitern zwangsläufig das professionelle Netzwerk, im besten Fall auf internationaler Ebene. Es ist hier vor allem eine Frage, wie sich der jeweilige Job-Hopper „verkaufen“ kann.

Neue digitale Arbeitsformen

Eines steht fest: Job-Hopping ist Begleiterscheinung einer Gesellschaft, die weniger familiäre Bindungen hat bzw. diese später aufbaut. Wer Lebenspartner und Nachwuchs mit in den Arbeitswechsel einbeziehen muss, der oft auch mit Orts-, wenn nicht Staatenwechsel verbunden ist, wird nicht unbedingt den ständigen Wechsel suchen, sondern vor allem Sicherheit. Die neuen digitalen Arbeitsformen begünstigen häufige Arbeitswechsel. Wer hauptsächlich online arbeitet, dem steht die ganze Welt offen. Geschäftsreisen zu Kunden oder zum Firmensitz werden zur willkommenen Abwechslung in der Routine, die sich unweigerlich auch im Home-Office einstellt. Interessant ist, dass auch Stellenanzeigen die Neigung zur Bereitschaft zum Wechsel widerspiegeln. So heben z. B. Online-Vermittlungsagenturen wie etwa StepStone Onboarding-Angebote hervor. Eine gut begleitete Einführung ist umso wichtiger, wenn die Verweildauer eines neuen Mitarbeiters nicht absehbar ist. Viele Stellenangebote richten sich zudem mittlerweile auch explizit an alle Altersgruppen. „Für immer und ewig“ ist einem „Schauen wir, wie und wie lange es passt“ gewichen!

© Alle Rechte vorbehalten