Logo Dolomiten Markt Online NegativeLogo Dolomiten Markt Online
Frollegen und FrolleginnenFrollegen und Frolleginnen
Shutterstock

Wir sind keine Roboter

Icon Calendar19.11.2025

 Freundschaft am Arbeitsplatz – ja oder nein? 

Am Arbeitsplatz verbringen wir die meiste Zeit des Tages. Jeden Tag arbeiten wir Stunden um Stunden mit immer denselben Personen zusammen. Kolleginnen und Kollegen. Wir tauschen uns aus, planen, machen Projekte, kontaktieren Kunden, produzieren Dienstleistungen oder Waren, trinken gemeinsam Kaffee, erzählen vielleicht auch das ein oder andere aus dem Privatleben. Manche Mitarbeiter sind uns auf Anhieb sympathisch, andere liegen uns gar nicht. Freundschaft am Arbeitsplatz. Ist das gut? Wie finden das die anderen? Was halten die Arbeitgeber davon? Und kann man privat von beruflich total trennen? Auch Arbeitsberater bzw. Online-Jobbörsen sind sich da nicht ganz einig. Roboter sind wir schließlich nicht!

Martin arbeitet schon seit dreißig Jahren immer für denselben Konzern. Er hat Karriere gemacht, bekleidet heute, vier Jahre vor der Pensionierung, einen anspruchsvollen Posten und bezeichnet sich gerne als „Firmensoldat“. Ein Leben im und für den Betrieb. Hat er Freunde am Arbeitsplatz gewonnen? Man sollte es meinen, aber Martin verneint. Freunde am Arbeitsplatz? Nein, das geht gar nicht. Das kann zu kompromittierenden Situationen führen, schnell ins Gegenteil ausarten, vor allem, wenn einer Karriere macht und der andere weiterhin dieselbe Position bekleidet. Ganz davon zu schweigen, was passieren könnte, wenn sich am Arbeitsplatz Liebesgeschichten anbahnen. Für ihn schon immer ein absolutes No-Go.

Situationen: Martin, Alice, Sabrina und Florian

Alice, Anfang 30, steht im letzten Jahr der Facharztausbildung. Sie hat Turnusdienste. Frühdienst, Spätdienst, Nachtdienst. Ihre Freundinnen sind alle Kolleginnen. Wer sonst hätte ähnliche freie Zeitfenster wie sie? Auch ihr Mann ist Arzt, am selben Krankenhaus, aber an einer anderen Abteilung. Auch seine Freunde sind Kollegen. Wenn sie ein Problem hat, kann sie das mit einer ihrer Kolleginnen gleich besprechen und wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, auch schnell und unkompliziert einen Dienst tauschen, einspringen. Aber auch in der Freizeit, sowohl mit ihrem Partner als auch im Freundeskreis, geht es eigentlich immer wieder um die Arbeit.

Sabrina hat gerade ihre Lehre als Tischlerin abgeschlossen und arbeitet in einem kleinen Handwerksbetrieb mit sechs Kollegen. Sie sind Kumpels und gehen nicht nur ab und zu nach der Arbeit zusammen aus, sondern treffen sich öfter auch am Wochenende, zum Grillen oder zum gemeinsamen Sport. Auch wenn Sabrina die einzige Frau in der Männerrunde ist, gehört sie dazu. Am Anfang hat es etwas gedauert, bis sie akzeptiert war. Aber jetzt, wo alle gemerkt haben, wie gut sie ihr Handwerk versteht, arbeitet es sich umso besser und auch die Scherze über Frauenpower, wenn sie einen der Kollegen mal um Hilfe bitten muss, um etwas Schweres zu heben, weiß sie jetzt als freundschaftliche Neckerei zu schätzen.

Florian ist Mitte 40 und auf Arbeitssuche. Eigentlich hatte er bereits seinen Traumjob als Project Manager mit Aufstiegschancen in einem mittelständischen Unternehmen. Aber dann kam diese Geschichte mit Milena. Liebe auf den ersten Blick war es für ihn, als er sie vor 16 Monaten an ihrem ersten Arbeitstag sah. Aber für sie war nach zehn Monaten aus. Er schafft es nicht mehr, sie jeden Tag zu sehen und zu tun, als sei nichts passiert, und noch weniger hält er die Blicke der Kolleginnen und Kollegen aus. Eine Mischung aus Schadenfreude und Mitleid, bildet er sich vielleicht auch nur ein. Er hat gekündigt. Eine Kurzschlussreaktion? 

Vier Beispiele. Vier unterschiedliche Situationen. Eigentlich sollte man meinen, Freundschaft am Arbeitsplatz ist etwas Positives. Umfragen zeigen, dass nicht wenige Arbeitgeber Freundschaften als fördernd für das Arbeitsklima ansehen und Arbeitnehmer freundschaftliche Beziehungen mit Kollegen begrüßen. Probleme tauchen dann auf, wenn sich Privates und Arbeit vermischen bzw. wenn Situationen sich ändern. Wenn zum Beispiel zwei miteinander sehr befreundete Kollegen plötzlich unterschiedliche Wege gehen. Einer macht Karriere und wird zum Vorgesetzten des anderen. Wie geht man jetzt miteinander um? Kann man einen Frollegen, eine Frollegin wie die neudeutsche Wortschöpfung heißt, objektiv beurteilen und möglicherweise kritisieren? Kann man einem Chef, mit dem man am Vorabend in der Sauna war, Nein sagen, wenn er zum wiederholten Male als selbstverständlich ansieht, dass man Überstunden macht, und ihm vermitteln, dass er zu viel verlangt und er bei den Mitarbeitern nicht gut ankommt?

Eine Frage der Generation

Interessanterweise ist es auch eine Frage des Alters. Boomer wie Martin aus unserem ersten Beispiel stehen Freundschaft am Arbeitsplatz eher kritisch gegenüber, vielleicht auch aus Erfahrung?! Je jünger die Arbeitnehmer werden, desto lockerer gehen sie damit um.

Keine Frage, es menschelt am Arbeitsplatz. Zwischenmenschliche Beziehungen sind wichtig, sie fördern ein positives Arbeitsklima und auch die kreative Zusammenarbeit. Aber zu intim, da sind sich die Arbeitsforscher einig, sollten Freundschaften nicht werden. Und umgekehrt sollten Arbeitsverhältnisse auch über persönlichen Antipathien stehen. Anders ist es mit einem freundschaftlichen, lockeren Umgang, der das tägliche Miteinander erleichtert. Auch das Du über Hierarchien hinweg oder zumindest die Anrede mit Vornamen sind längst kein Tabu mehr, vorausgesetzt, die Rollen sind klar definiert. Die beste Voraussetzung für ein gutes Arbeitsklima ist in jedem Fall Offenheit. Versuchen, jeden zu nehmen, wie er ist, mit Stärken und Schwächen, die sich beim täglichen Miteinander in jedem Fall herauskristallisieren, Offenheit sowohl in der Kritik als auch beim Lob. Und ein bisschen Privates beim Arbeiten fördert die gegenseitige Wertschätzung.

Liebe am Arbeitsplatz?

Und wenn es knistert? Wenn Liebe ins Spiel kommt? Durch enge Zusammenarbeit, intensive Arbeitsphasen, gemeinsame Erfolgserlebnisse oder auch Solidarität in Frust- und Stresssituationen können Menschen einander sehr nahekommen. In jedem Fall, raten Jobberater und Psychologen, ist zunächst absolute Diskretion angesagt, um zu schauen, ob es überhaupt klappt. Wird es ernst, empfiehlt es sich, offen mit dem Vorgesetzten und den Kollegen zu reden. Gegenseitiges Vertrauen, gemeinsame Ziele, genau zu wissen, was der andere leisten kann und was nicht, kann eine positive Energie generieren und im Arbeitsalltag helfen. Allerdings ist es nicht leicht, allzu Persönliches aus dem gemeinsamen Arbeitsleben herauszuhalten. Ebenso wie umgekehrt, die Arbeit aus dem Privatleben herausgehalten werden sollte. Es erfordert in jedem Fall eine absolute Professionalität im Trennen von Privat und Arbeit. Und wenn es schiefgeht, eine absolute Selbstkontrolle.

© Alle Rechte vorbehalten