

Wie unter freiem Himmel
Mehr Raum und Licht und vor allem klimafreundlich
Wintergarten, my love
Ein Heim für kälteempfindliche, fremdländische Pflanzen. Eine Jahreszeit bedingter Wohntraum aus Transparenz und Licht, geschützt, aber im Grünen. Vor allem aber ein vollwertiger zusätzlicher Wohnraum zum Arbeiten, Chillen, Lesen, Teetrinken oder Spielen. In jedem Fall ein Platz in der Sonne und eine Spielwiese für kreatives Einrichtungsdesign. All das kann ein Wintergarten sein.
In Südtirol dürfen seit 20. Oktober 2024 in Mischgebieten (auch historischer Ortskern!) wieder Wintergärten oder auch verglaste Balkons errichtet werden. Das neue Raumordnungsgesetz der Südtiroler Landesregierung hat das seit Juli 2020 herrschende Verbot zum Bau von Wintergärten aufgehoben und folgt damit einer EU-Vorgabe zur Gebäudeeffizienz. Ein Wintergarten entspricht umweltfreundlichen und nachhaltigen Bau-Kriterien und trägt zur Co2-Reduzierung bei. Wohnungs- und Hausbesitzer, die einen Wintergarten bauen, leisten nicht nur einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz, sondern können bis 31. Dezember 2026 den neu geschaffenen Energiebonus in Anspruch nehmen.
Erhöhung der zugelassenen Baumasse
Im Rahmen der energetischen Sanierung aller bereits seit September 2007 bestehenden Gebäude darf die Baumasse um bis zu 20 Prozent und maximal um 200 Kubikmeter erhöht werden. Im Rahmen dieser Erhöhung der Baumasse ist auch die Errichtung von Wintergärten vorgesehen. Der Wintergarten darf maximal 8 Prozent der Bruttowohnfläche einer Wohneinheit ausmachen, maximal 30 Quadratmeter groß und gemäß energiesparenden Kriterien gebaut sein. Die Mindestgröße ist auf neun Quadratmeter festgelegt; mindestens 70 Prozent der Gesamtfläche des Wintergartens müssen aus Mehrfachglas bestehen. Er muss thermisch von der dazugehörigen Wohneinheit abtrennbar sein und darf nicht mit einer eigenen Heizung ausgestattet werden. Im Wohnraum-knappen Südtirol ist der Wintergarten für viele Familien die Lösung eines Raumproblems!
Die Ursprünge der Wintergärten liegen in weiter Ferne. Sogar in der Antike wurden kälteempfindliche Pflanzen in den Wintermonaten bereits in spezifischen Gebäuden untergebracht. Mit der Kolonialisierung der „Neuen Welt“ ab dem 16. Jahrhundert wurden zunehmend exotische Pflanzen aus tropischen Klimazonen nach Europa gebracht und mussten vor den alles andere als milden Temperaturen vor allem der nördlichen Länder des alten Kontinents geschützt werden.
Erbe der Kolonialzeit
Vor allem in England kamen Wintergärten im 18. Jahrhundert in Form von privaten Orangerien und herrschaftlichen Palmengärten in Mode. Reiche Mitglieder der englischen High Society begannen, diese zunächst nur Pflanzen vorbehaltenen Räume zunehmend direkt an ihren Ansitz anzubauen und auch mit Möbeln auszustatten und als vollwertigen Raum, z. B. für den Nachmittagstee, zu nutzen und auch zu heizen. Kosten und Energieeinsparung waren damals kein Thema! In Deutschland verbreiteten sich die Wintergärten im 19. Jahrhundert und wurden zur Attraktion vieler botanischer Gärten in Form von verglasten Gewächshäusern und Palmenhäusern. Gründerhausvillen wurden mit zum Teil sehr kostspieligen, aufwändig und verspielt gestalteten Anbauten aus Glas und filigranen Metallteilen geschmückt.
Die Weltkriege bereiteten der Wintergarten-Kultur ein abruptes Ende und es sollte bis in die 1970er Jahre dauern, bis der Wintergarten wieder in Mode kam. Als effiziente Energie-Sparmaßnahme im Rahmen der Ölkrise. Das Sonnenlicht wurde als neue Energiequelle, Glas als Baumaterial entdeckt. Ab den 1990er-Jahren bestimmten auch in Südtirol diese damals nicht zur Kubatur zählenden Glasbauten das Ortsbild vieler Dörfer und Städte, bis das Wohnraumgesetz vom Juli 2020 dem Bau von neuen Wintergärten ein Ende setzte.
Wintergarten ist nicht gleich Wintergarten
Man unterscheidet Kalt-Wintergärten, die nur dem Schutz von temperaturempfindlichen Pflanzen, Zitrusbäumen, Kakteen, Sukkulenten usw. dienen. Mischformen, das heißt Wintergärten mit Sitzmöbeln, die nur in bestimmten Perioden des Jahres als Aufenthaltsraum genutzt werden können sowie Wohn-Wintergärten, die zum eigentlichen Wohnraum geöffnet sind.
Wintergärten müssen heute strengen Kriterien entsprechen, um ihren Zweck der Energie-Einsparung zu erfüllen. Glas mit hohem Wärmeschutzfaktor macht aus ihnen einen wirksamen Puffer gegen Wärmeverlust und hilft, Heizkosten zu sparen. Durch Nutzen der Sonnenenergie wird ein korrekt ausgerichteter Wintergarten zu einem effizienten, passiven Energielieferanten. Allerdings: Seine Ausrichtung (Himmelsrichtung) muss gut geplant sein. Er heizt sich durch die großen Glasoberflächen im Sonnenlicht (auch im Winter) sehr schnell und stark auf, auch mit Sonnenschutzmechanismen und Belüftung.
Einbruchsicheres, schallgeschütztes Isolierglas hat seinen Preis und ist pflegeintensiv. Als Baumaterialien in Kombination mit Glas empfehlen sich Holz, Aluminium, Stahl oder eine Mischung aus Holz und Aluminium, bzw. Holz und Stahl. In jedem Fall sollte man seinen Wintergarten zusammen mit einem Experten planen!
Kreativer Freiraum
Ein Wohn-Wintergarten gehört zwar indirekt zum gesamten Wohnraum, ist aber doch etwas ganz Eigenes. Deshalb kann dieser Raum auch ganz anders gestaltet und eingerichtet werden, wie der restliche Wohnraum. Exotisch, kreativ, farbenfroh, kindgerecht, mit Korb- oder Rattanmöbel, mit Kissen und Puffs, vielfarbigen Textilien, gemütlich oder ateliermäßig. Energieeffizient geplant, werden Wintergärten zu einem wahren Mehrwert für Hausbesitzer und Umwelt und, wer weiß, zum absoluten Lieblings- und Wohlfühlraum der ganzen Familie.
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